Wanderwege drohen auszudünnen, weil Sitzbänke, Markierungen und Infotafeln zunehmend als Haftungsrisiken gelten. Der Deutsche Wanderverband und der Deutsche Tourismusverband fordern in einer gemeinsamen Resolution schnelle politische Klarstellungen – damit Deutschlands beliebtestes Freizeitangebot sowie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor besonders des ländlichen Raumes nicht Stück für Stück verschwindet.
Bänke, die zu gefährlich werden, Markierungen, die abgebaut werden müssen – was absurd klingt, ist für Wandervereine und Waldbesitzende längst Realität. Weil Infrastruktur wie Sitzgelegenheiten, Informationstafeln oder Wegweiser im Wald rechtlich nicht klar als typische Bestandteile des Lebensraums eingestuft sind, fürchten Eigentümer unkalkulierbare Haftungsrisiken. Die Konsequenz: Eine schleichende Erosion des Wanderangebots in ganz Deutschland.
Der Deutsche Wanderverband (DWV) und der Deutsche Tourismusverband (DTV) schlagen nun gemeinsam Alarm. In einer Resolution mit dem Titel „Für den Erhalt der Wanderinfrastruktur – Reform des Bundeswaldgesetzes jetzt!“ richten sich beide Verbände an die Bundes- sowie Landesministerien für Land- und Forstwirtschaft, aber auch für Wirtschaft und Tourismus.
DWV-Präsident Dr. Michael Ermrich: „Wandern ist der Breitensport Deutschlands – und darauf baut ein bedeutender Wirtschaftszweig. Wenn Sitzbänke zum Haftungsrisiko werden und Ehrenamtliche aus Angst vor Konsequenzen ihr Engagement beenden, dann ist dringendes Handeln geboten.“
Größtes Wegenetz der Welt gefährdet
Mehr als 300.000 Kilometer markierte Wanderwege durchziehen die Bundesrepublik – die längste Wanderinfrastruktur der Welt. Sie generiert jedes Jahr Milliardeneinnahmen, stärkt Tourismusregionen und Hotels, sorgt für Arbeitsplätze, Gesundheitsförderung und Teilhabe.
Doch vielerorts verschwinden bereits Bänke und Wegweiser. Ehrenamtliche, die seit Jahrzehnten Infrastruktur pflegen, fühlen sich alleingelassen. Der Referentenentwurf des damaligen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Jahr 2024 liegt auf Eis – Verantwortung und Entscheidungsdruck steigen in den Ländern. Dabei darf auch der Schutz der Gäste nicht aus dem Blick geraten: Ein gepflegter Wald ist entscheidend, um Risiken wie herabfallende Äste oder unsichere Wege zu vermeiden und so die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten und damit auch Haftungsrisiken weiter zu reduzieren.
DTV-Präsident Reinhard Meyer: „Wandern steht für Erholung, Naturerlebnis und Regionalität – Werte, die unseren Tourismus prägen und unsere Regionen stärken. Jeder entfernte Wegweiser, jede verschwundene Sitzbank mindert nicht nur die Erlebnisqualität unserer Gäste, sondern auch die Attraktivität unserer Destination. Es braucht eine schnelle und pragmatische Lösung, die sowohl für die vielen Ehrenamtlichen der Wander- und Gebirgsvereine als auch für die Wanderer selbst Sicherheit schafft.“
Kernforderungen der Resolution
DWV und DTV verlangen vom Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene:
- Reform des Bundeswaldgesetzes mit klarer Einstufung der Wanderinfrastruktur als waldtypische Gefahr – und somit Entlastung von Waldeigentümern.
- Gesetzesinitiativen der Länder mit klaren Haftungsregeln.
- Klare Verkehrssicherungspflichten durch Betreiber wie Wandervereine, Kommunen oder Naturparke – aber nur für die Einrichtungen selbst, nicht für Naturgefahren.
- Sofortiges Moratorium gegen Rückbau von Infrastruktur, bis gesetzliche Klarheit herrscht.
Politische Verantwortung – jetzt
Nach dem Scheitern einer Bundesreform sei der Ball nun eindeutig bei den Landesregierungen, sagen die Verbände. Ob Wandern in Deutschland weiterhin verlässlich und sicher möglich sei, entscheide sich in den kommenden Monaten.
Ermrich macht deutlich: „Deutschland ist ein Wanderland – und das soll es bleiben. Wir brauchen Rechtssicherheit, damit die Attraktivität unserer Wanderwege aufgrund fehlender Erholungsinfrastruktur nicht verloren geht. Da die Reform des Bundeswaldgesetzes nicht zustande gekommen ist, liegt die Zukunft des Wanderns jetzt in den Händen der Länder. Dort sind nun entsprechende Gesetzes-Initiativen nötig.“ Meyer ergänzt: „Nur mit den notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen sichern wir ein attraktives und sicheres Wanderwegenetz und somit die Zukunft des Wandertourismus.“
Gemeinsam wollen DWV und DTV nun die Ministerien direkt ansprechen – mit einem Appell, den die Verbände als „dringend und unverhandelbar“ bezeichnen. Denn: Wandern ist kein Luxus, sondern ein elementarer Bestandteil des deutschen Natur- und Kulturerbes sowie ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor insbesondere im ländlichen Raum. Nur mit klaren Regeln bleiben Wälder Orte der Erholung – und nicht der Rechtsunsicherheit.